BODIES OF WATER | NEUE GALERIE INNSBRUCK
Hannelore Nenning
Hannelore Nenning
Enar de Dios Rodríguez
Elsa Salonen
kuratiert von Petra Poelzl
Our bodies are also of air, rock, earth – even plastic at a growing rate – but figuring ourselves specifically, as bodies of water emphasizes a particular set of planetary assemblages that asks for our response right now. Astrida Neimanis
Die unmittelbaren Auswirkungen des patriarchalischen Kapitalismus auf unserem Planeten werden in Form von Ausbeutung und fortschreitender Zerstörung immer deutlicher. In der Ausstellung BODIES OF WATER, welche sich über die beiden Ausstellungsräume Kunstpavillon und Neue Galerie Innsbruck erstreckt, befragen die drei Künstlerinnen Hannelore Nenning, Enar de Dios Rodríguez und Elsa Salonen die gegenwärtige Verfasstheit von Wasserlandschaften aus aktivistischer, animistischer und geopolitischer Perspektive. Titelgebend ist dabei das Buch „Bodies of Water: Posthuman Feminist Phenomenology“ von Astrida Neimanis, in welchem die feministische Kulturtheoretikerin vorschlägt – entgegen dem konventionellen Verständnis des individuellen Subjekts – den menschlichen Körper als fluide, durchlässig und wässrig zu verstehen. Generös fließen antikoloniale, feministische und queere Narrationen in zukünftige Denk- und Handlungsräume ein, um so das vorherrschende und bisweilen wenig fluide ontologische Gefüge aufzuweichen.
Astrida Neimanis prägt den Begriff hydrocommons, mit welchem die Verflochtenheit der planetarischen Gewässer mit dem menschlichen Körper gemeint ist. (In etwa 70% der Gesamtfläche unseres Planeten wird von Wasserlandschaften durchzogen, während circa 70 – 90 % des menschlichen Körpers aus Wasser bestehen.) Die Vorstellung, dass der menschliche Körper autonom ist und mit der ihn umschließenden Haut endet sowie die klare Trennbarkeit zwischen Mensch und Natur, werden ad acta gelegt und ein artenübergreifendes Handeln und Denken proklamiert.
Das Bewusstsein über diese Verflechtungen und die damit einhergehenden Beziehungen zueinander werden gerade in Anbetracht der gegenwärtigen Wasserkrisen, welche von der Privatisierung des Trinkwassers und dem Wassermangel bis hin zu Überschwemmungen und chronischer Kontaminierung reichen, zu einem immer wichtiger werdenden Werkzeug, um ein gutes Überleben auf diesem Planeten zu sichern. Die Künstlerinnen der Ausstellung arbeiten in ihrer jeweiligen Praxis mit diesen Verflechtungen. Sie verbinden sich etwa mit lokalen Flusslandschaften und den großen Ozeanen, um so eine erstrebenswerte Zukunft, in Zeiten eines tiefen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Umbruchs, zu denken.
HANNELORE NENNINGS künstlerische Auseinandersetzung fokussiert vor allem auf Flusslandschaften und deren langsames Verschwinden. Dies manifestiert sich in Aquarellen, Radierungen und Zeichnungen, in welchen sie die verschwindenden Wasserlandschaften einfängt, umso ihre Schönheit mit diesen Bildern festzuhalten. Dabei geht es der Künstlerin, allerdings nicht ausschließlich um das visuelle Erlebnis, vielmehr verfolgt sie als Mitglied der Ökologiebewegung der ersten Stunde, einen aktivistische Ansatz.
ELSA SALONEN spürt in ihrer künstlerischen Praxis dem Wesen des Meeres aus alchemistischer, animistischer und wissenschaftlicher Perspektive nach. Sämtliche Farbpigmente für die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten wurden an unterschiedlichen Orten von der Künstlerin gesammelt. Um Farben herzustellen, hat Elsa Salonen etwa Algen und Wasserpflanzen gekocht oder Muscheln, Plastikmüll und angeschwemmte Korallenskelette zermahlen. Sie betrachtet die Pigmente als Mitwirkende, deren ‚Erfahrungen‘ die konzeptuelle Botschaft der jeweiligen Arbeit bestimmen. Traditionelle finnische Rituale werden als Beispiele für ein ausgewogenes Verhältnis zur Natur reaktiviert, während das omnipräsente Mikroplastik gleichzeitig einen Platz auf die Palette natürlicher Farben für sich reklamiert.
ENAR DE DIOS RODRÍGUEZ setzt sich in ihren Arbeiten mit der Inbesitznahme von Raum und den damit einhergehenden sozialpolitischen und umweltrelevanten Konsequenzen auseinander: Obwohl siebzig Prozent der Erdoberfläche von Ozeanen bedeckt sind, hat man bislang nur einen kleinen Teil des Meeresgrundes kartographiert. Während der letzten Jahre ist das Interesse an der Vermessung dieser Räume allerdings merklich größer geworden: Angesichts veränderter wirtschaftlicher, geopolitischer und wissenschaftlicher Zielsetzungen scheint man entschlossen, unter dem Meer einen „neuen Kontinent“ zu erschaffen, um ihn zu erforschen und auszubeuten.
BODIES OF WATER ist Teil der von Petra Poelzl kuratierten Ausstellungsreihe Dancing at the Edge of the World.
ERÖFFNUNG | Freitag, 05.08.2022
18:00 Uhr | Hannelore Nenning | NEUE GALERIE INNSBRUCK
19:30 Uhr | Performance von Ursula Beiler | TREFFPUNKT: NEUE GALERIE INNSBRUCK
20:00 Uhr | Enar de Dios Rodríguez, Elsa Salonen | KUNSTPAVILLON