OPTIONS

Riccardo Giacconi

Ausstellungsansicht, Riccardo Giacconi, OPTIONS, Kunstpavillon 2021. Foto: WEST. Fotostudio

Als forschungsbasierter Werkkorpus orientiert sich OPTIONS an den Ereignissen zwischen 1939 und 1943, als der ursprünglich deutschsprachigen Gemeinde in Südtirol die Möglichkeit gegeben wurde, entweder ins benachbarte Nazi-Österreich (und andere Territorien im Dritten Reich) auszuwandern oder im faschistischen Italien zu bleiben und zwanghaft in die italienische Kultur des Mainstreams integriert zu werden und dabei sowohl Sprache wie kulturelles Erbe zu verlieren. Dieses nach einer Vereinbarung zwischen Mussolini und Hitler in Kraft gesetzte System wurde „Option“ genannt. Riccardo Giacconis gleichnamiges Projekt basiert auf Forschungen von Archiv- und Propaganda-Materialien aus der Ära. Der Künstler studierte Poster, Flugblätter, Zeitungsartikel und politische Pamphlete aus und über Südtirol.

„Options“ befasst sich außerdem mit den Nachwirkungen der Option, darunter mit Zeitperioden, die von Spannung, Konflikt und Terrorismus zwischen Gemeinschaften in Südtirol gekennzeichnet waren, und verwendet Archivmaterialien und weiträumige Forschung in situ, darunter Interviews mit Historiker:innen, Aktivist:innen, Politiker:innen, Autor:innen und verschiedenen Praktiker:innen. Mit dem Südtiroler Landesgebiet und der Grenze zwischen Italien und Österreich als Fallstudie hinterfragt die Ausstellung Vorstellungen von Bürgerschaft, Grenzen, Identität, Sprachgemeinschaften, „Heimat“, Nativismus, Minorität und Migration. Die Periode der Südtiroler Option und die Zeit danach können als Paradigma dafür gelesen werden, wie solche Ideen konstruiert sind, wie sie manipuliert, instrumentalisiert und fiktionalisiert werden und wie sie durch nachfolgende Launen der Machtinstitutionen wieder für nichtig erklärt werden – und wie solche Ideen trotzdem konkrete, dramatische und unauslöschliche Konsequenzen für Menschen nach sich ziehen.

Das Projekt etabliert Resonanzen zwischen diesen Ideen – und der Art und Weise, wie sie im linguistischen und visuellen Diskurs der Periode der Südtiroler Option genutzt wurden – und dem Einsatz der gleichen Ideen in den zeitgenössischen politischen Diskursen in Europa. In diesem Sinn wird „Options“ nicht als historische Untersuchung konfiguriert, sondern als eine Konstellation zwischen zwei Augenblicken in der Zeit – als Kommentar über den heutigen politischen Diskurs Europas durch die Linse eines vergangenen Ereignisses. (Die Publikation „Options“ (2020) erschien im Verlag Rorhof, Bozen.)

OPTIONS ist Teil der von Petra Poelzl kuratierten Ausstellungsreihe Dancing at the Edge of the World.

Ausstellungsfolder

RICCARDO GIACCONI hat Bildende Kunst an der IUAV Universität in Venedig studiert. Seine Arbeiten wurden in verschiedenen Institutionen ausgestellt: Grazer Kunstverein (Graz), ar/ge kunst (Bozen), MAC (Belfast), WUK Kunsthalle Exnergasse (Wien), FRAC Champagne-Ardenne (Reims), tranzitdisplay (Prag), Fondazione Sandretto Re Rebaudengo (Turin) und auf der 6. internationalen Biennale für junge Kunst in Moskau. Er war Artist in Residence im Centre international d’art et du paysage (Vassivière, Frankreich), lugar a dudas (Cali, Kolumbien), MACRO Museum für zeitgenössische Kunst in Rom, La Box (Bourges, Frankreich) und Künstlerhaus Büchsenhausen (Innsbruck, Österreich). Er präsentierte seine Filme auf mehreren Festivals, darunter das New York Film Festival, das Venice International Film Festival, das International Film Festival Rotterdam, Visions du Réel und FID Marseille, wo er 2015 den Grand Prix des internationalen Wettbewerbs gewann. Er ist Mitbegründer des kollektiven Hörfestivals „Helicotrema“ und des Audio-Studios für Geschichtenerzählen „Botafuego“.

http://riccardogiacconi.com

Kunstpavillon
05.11.2021 – 15.01.2022 verlängert bis 26.03.2022

OPENING: 04.11.2021 | 17.30
Die Eröffnung fand im Rahmen der Premierentage 2021 statt.


OPTIONS ist ein Ausstellung von Riccardo Giacconi, die ursprünglich für steirischer herbst ’19 – Grand Hotel Abyss (Grand Hotel Abgrund) und die Herbstsaison des Grazer Kunstvereins konzipiert wurde.

In Zusammenarbeit mit Carteles La Linterna (Cali, Kolumbien), Franco Citterio (Compagnia Marionettistica Carlo Colla & Figli), Herlyng Ferla, Künstlerhaus Büchsenhausen, Giulia Marzin, Katja Renzler, Ronja Mussbacher, Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Tiroler Landesmuseum, Carolina Valencia Caicedo.

Herzlichen Dank an Christoph Ampferer, Meinrad Berger, Erica Boito, Nicolò Degiorgis, Riccardo Dello Sbarba, Hannes Egger, Maurizio Ferrandi, Georg Grote, Franz Haller, Hans Heiss, Eva Klotz, Albert Mayr, Lisa Mazza, Giorgio Mezzalira, Georg Mischì, Renate Mumelter, Lukas Morscher, Hannes Obermair, Günther Pallaver, Eva Pfanzelter, Verena Rastner (ar/ge kunst), Iaco Rigo, Carlo Romeo, Andrei Siclodi, Hilary Solly, Michael Stefaner, Leopold Steurer, Ina Tartler (Vereinigte Bühnen Bozen), Martha Verdorfer.