What Some Girls Do For Money

Swetlana Heger, Susi Jirkuff, Sabine Marte, Ursula Mayer, Karina Nimmerfall, Viktoria Tremmel

Einladungskarte, Susi Jirkuff, What Some Girls Do For Money, Tusche auf Papier, 100 x 70 cm, 2014

What Some Girls
Do For Money
Swetlana Heger, Susi Jirkuff, Sabine Marte, Ursula Mayer, Karina Nimmerfall, Viktoria Tremmel

Eröffnung: 20.11.15 um 19.00 mit Musikperformance von „Pendler“ (pendler.klingt.org)

What Some Girls Do For Money lotete die Tiefen zwischen medial produzierter Fantasie und Alltagsrealität aus, die der Titel andeutete. Dabei diente What Some Girls Do For Money als eine Art Slogan, der eine Vielfalt an Möglichkeiten und Deutungen zuließ. An der Oberfläche spielte What Some Girls Do For Money auf die aufgesetzte Empörung diverser Boulevardzeitungen an, die voyeuristischen Bildern erst dadurch Raum geben. Das Begehren nach Luxus, Eleganz und Wohlstand, das mit diesen Fantasien geweckt wird, korreliert dabei mit dem Begehren nach einem besseren Leben, das die „Girls“ möglicherweise antreibt. Sowohl der Wunsch nach Ausbruch aus vorgezeichneten Biografien, nach Überwindung von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen oder bestimmten Künstler(innen)klischees als auch die Hingabe an Hedonismus sind radikale Konzepte, die zwar als mediale Aufforderungen allgegenwärtig sind, aber keines- falls ohne Widerstand zu verwirklichen sind.
Der weitere lapidare und pragmatische Aspekt, auf den der Titel verwies, ist die Ebene von konkreten Arbeitsbedingungen: Drecksarbeit, Routine, Plackerei, Jobben. Auch hier ist das Klischee -selbst wenn es oft ins dokumentarische Format übersetzt ist – eine Projektion, die hinterfragt werden wollte. Letztendlich war auch die Referenz auf die eigene künstlerische Arbeit im Kontext mit eingeschlossen: einerseits als ironischer Kommentar zur eigenen Arbeitssituation, in der oft „gejobbt“ wird, um die künstlerische Arbeit zu ermöglichen, andererseits als Aspekt der paradoxen Ambivalenz von Kunst und Geld, Arbeit und Marktwert.

Im Rahmen der Ausstellung wurden verschiedene künstlerische Ansätze und Konzepte von sechs Künstlerinnen vorgestellt. Die oft sehr unterschiedlichen Herangehensweisen und Anknüpfungspunkte spannten sich dabei von der Analyse des künstlerischen Umfelds und dessen ökonomischen Strukturen über Untersuchungen zur Macht der Medien und Bildern des Luxuriösen und Eleganten bis hin zu den Mechanismen der Skandalisierung und den Niederungen des Trash. Die Bezüge zwischen den Arbeiten wurden durch die spezielle Gestaltung der Ausstellung als installative, bühnenartige Situation gezielt forciert, um mögliche Verbindungen und Querverweise offenzulegen und eine Kontextualisierung in Bezug auf den Titel herzustellen.

Swetlana Heger
The Most Beautiful Women (in the Art World), #1 Dasha, Collage, Größe variabel, 2015 – fortlaufend

Die Arbeit von Swetlana Heger untersuchte die Präsentation von zeitgenössischer Kunst im Kontext von Kunstmessen und Biennale-Events. Dass die Prinzipien des freien Markts vor allem in der Kunst Beziehungen zwischen Künstler_innen und Käufer_innen ohne Regulierung und Rechtssicherheit gestalten, ist zwar eine offenes Geheimnis, im Zuge der Globalisierung treiben Auswüchse dieser Entwicklung allerdings immer skurrilere Blüten.
So ist neben einem breiten Künstler_innen-Prekariat aus sich selbst ausbeutenden Produzent_innen ein flottes Jetset-Publikum herangewachsen, das sich auf Biennale-Partys und Art- Basel-Events überlegt, für welche Arbeit es rasch mehrere tausend Dollar hinlegt. Wie schon Isabelle Graw in ihrem 2008 erschienen Buch „Der große Preis“ beschrieben hat, dient die Kunst nun vor allem als Plattform für eine Celebrity-Kultur, die den/die Künstler_in zum Kuscheltier der Oligarch_innen macht.
Hegers Arbeit streifte dabei die Paradoxien vom Kunst-Machen und Kunst-Vermarkten, die generelle Verortung von Kunst in der Gesellschaft und die Rollen, die Künstler_innen dabei angeboten werden.

Susi Jirkuff
Ginny, HD-Video, 5 min, 2015
Gracie, HD-Video, 6 min, 2015

Susi Jirkuff zeigte zwei neue Videoarbeiten, die aus der Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Entwicklungen und Stadtraum entstanden sind. Zwei fiktive Mädchenfiguren wurden in einem jeweils stark räumlich akzentuierten Setting vorgestellt: Ginny, die mit anderen eine Katze mehrmals aus einem Hoch- haus hinuntergeworfen hat und für 5 Pfund auch noch eine Kamera beisteuert, um das zu filmen, und Gracie, die als Berufswunsch Modebloggerin angibt, aber nicht weiß, ob sie am Ende des Monats noch Strom für den Computer hat.
Beide sind Kinder eines neuen Prekariats, das im Zuge von neoliberaler Wirtschaftspolitik immer weiter zurückfällt und für das keinerlei Aufstiegschancen mehr gewährleistet werden.

Sabine Marte
Farewell to Hell, Video, 7 min, 2015

Sabine Marte arbeitet hauptsächlich mit Performance, Video und Sound, so auch in ihrer jüngsten Videoarbeit Farewell to Hell. Raum und Körper knallen aufeinander, Rhythmus und Stimme erzeugen einen hypnotischen Ort, in dessen psychotische und surreale Welten man hineingesaugt wird. Vibration und Bewegung machten den Film körperlich erlebbar, der Film selbst wurde zur Performerin auf der Bühne.

Ursula Mayer
The Unbegotten: Anti-Species, Conceptual flesh, Dying without Death, Serie gerahmter Farbfotografien, 2013

Die Fotoedition The Unbegotten wurde anlässlich der Einzelausstellung But We Loved Her von Ursula Mayer für das 21er Haus in Wien geschaffen. Das Transgender-Model Valentijn de Hingh und Musiker J.D. Samson treffen in einer Skulptur von Bruno Gironcoli aufeinander. Die androgynen, metallisch anmutenden Körper fügen sich in die Skulptur Gironcolis ein und verschmelzen mit ihr. Die Schönheit und die perfekten Oberflächen lassen an die filmische Opulenz von Hollywoodfilmen der 1930er Jahre denken, in der fotografischen Inszenierung liegt aber weniger eine Überhöhung als vielmehr ein sehr greifbarer Zugang zu Material und Skulpturalem sowie einer Re-Präsentation von Körpern und Geschlechterbildern, die zwischen Erstarrung und Lebendigkeit changieren.

Karina Nimmerfall
Life as an Art Form, Installation, 2015

In den städtischen Metropolen entstehen heute weltweit Wohnprojekte, die mit dem Verweis auf „modernes Wohnen“ vor allem eine Rückkehr zur bürgerlichen Wohnkultur aufweisen. Interessant dabei ist, dass neben adaptierten Konzepten der Moderne – wie etwa Licht und Luft durch große Glasfassaden bzw. offene Raumgestaltung – vor allem die stilistische Formensprache des 18. Jahrhunderts aufgegriffen wird: Luxus liegt (wieder) im (historisierenden) Detail.
Ausgangspunkt des Projekts Life as an Art Form (der Titel zitiert einen Werbeslogan einer Immobilienfirma) bildete die Auseinandersetzung mit Visualisierungen und Imagefilmen der Immobilienbranche in Bezug auf (weibliche) Rollenbilder und auf zeitgenössische Idealvorstellungen zum Thema Wohnen. Das in ein dreidimensionales Wandtableau eingefügte computergenerierte Interieur bestand aus einer Zusammensetzung an gängigen Ausstattungsdetails diverser (Luxus-)Immobilien-portfolios, die jedoch im Detail – und für die Betrachter_innen erst auf den zweiten Blick – subversiv unterwandert wurden: So enthüllte die Ikonografie diverser Ausstattungsdetails Spuren der Geschichte politisch engagierter Frauen und der (radikalen) Frauenbewegung.

Viktoria Tremmel
o.T., Serie von 7 Collagen, 2015

Viktoria Tremmel zeigte eine Auswahl an Collagen, die mehr verbergen als sie preisgeben. Die malerisch anmutenden Arbeiten spiegelten eher innere Zustände als konkrete Narrationen. Bildausschnitte, Überlagerung, Verdecken und Freilegen erzeugen Mikrodramen innerhalb der Fläche des Bildes. Als Serie offenbarten sie dann aber doch eine poetische Lesbarkeit, wenn auch gebrochen und traumartig, in der sich eine intime Parallelwelt konstruieren ließ. Den fragmentierten Körperbildern stellte sie eine kolorierte Fotoarbeit, die eine seltsam verpackte, pfeilerartige Skulptur in einem Wald zeigte, und ein torsoähnliches Objekt, an dem Spindeln mittels Feinstrumpfhosen befestigt waren, gegenüber.